Veranstaltung: | Landesdelegiertenrat 13.04.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Aktuelle Debatte/Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenrat Grüne MV |
Beschlossen am: | 13.04.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Grundsteuerreform jetzt nachjustieren – Wohnen muss bezahlbar bleiben
Beschlusstext
Am 01.01.2025 tritt die neue Grundsteuer in Kraft. Erste Prognosen zu den
Auswirkungen der Grundsteuerreform in Mecklenburg-Vorpommern zeigen ein erhöhtes
Steueraufkommen bei Wohngrundstücken sowie ein reduziertes Steueraufkommen bei
Gewerbegrundstücken. Diese erwartete Verschiebung des Steueraufkommens in
Mecklenburg-Vorpommern steht im Einklang mit Berichten aus anderen
Bundesländern, welche bei der Grundsteuer ebenfalls auf das Bundesmodell setzen.
Praktisch bedeutet dies, das es auch bei der politisch versprochenen
aufkommensneutralen Umsetzung der Grundsteuerreform zu einer Verteuerung von
Wohnen kommt. Angesichts der in den letzten Jahren gerade in den Städten
beobachteten Situation von steigenden Mieten aufgrund von Wohnungsmangel,
verschärft eine weitere Verteuerung von Wohnen die soziale Spaltung im Land. Die
Kommunen, welche sich zur aufkommensneutralen Umsetzung der Reform verpflichtet
haben, stehen dieser Entwicklung bisher machtlos gegenüber.
Die einfachste Lösung, die Verteuerung von Wohnen zu verhindern, ist eine
bundeseinheitliche Anpassung der Steuermesszahlen, wie sie im Saarland und in
Sachsen bereits im Rahmen der Länderöffnungsklausel umgesetzt wurden. Beide
Bundesländer haben bereits 2021 die Verteilungswirkung erkannt und die
Steuermesszahlen für Nichtwohngrundstücke angepasst. Die Landesregierung in
Mecklenburg-Vorpommern hat es versäumt, hier rechtzeitig tätig zu werden. Die
Kommunen werden damit bis heute mit den Auswirkungen der Grundsteuerreform
alleine gelassen, ohne selbst steuernd eingreifen zu können.
Die Zeit drängt. Um jetzt doch noch eine stärkere Besteuerung von Wohnen zu
vermeiden, bleibt nur die Einführung getrennter Hebesätze für Gewerbe- und
Wohngrundstücke. Damit ermöglichen wir Kommunen, auf die individuell sehr
unterschiedlichen Auswirkungen der Grundsteuerreform zu reagieren und stärken
die kommunalen Finanzverwaltungshoheit
Aktuell gibt es bereits acht verschiedene Grundsteuermodelle in den
Bundesländern. Jede weitere Differenzierung führt unweigerlich zu mehr
Bürokratie. Die Ermöglichung der Einführung getrennter Hebesätze muss daher als
bundeseinheitliche Lösung umgesetzt werden, um eine weitere Zersplitterung der
Grundsteuerverfahren zwischen den Ländern zu vermeiden.
Als Landesverband Mecklenburg-Vorpommern Bündnis 90/Die Grünen fordern wir daher
die Landesregierung auf, sich umgehend für eine bundeseinheitliche Regelung
einzusetzen, welche Kommunen die Einführung getrennter Hebesätze für unbebaute
Grundstücke, Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke erlaubt.
Begründung
Mecklenburg-Vorpommern hat sich ebenso wie Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bei der Umsetzung der Grundsteuerreform für eine Anwendung des Bundesmodells entschieden. Die Frist für die Abgabe der Erklärung des Grundsteuerwerts war der 31.01.2023. Aus ersten Kommunen liegen inzwischen Statistiken vor, wie sich die Messbeträge für die einzelnen Grundstückarten im Vergleich zum alten Grundsteuermodell verändert haben. Der Oberbürgermeister von Schwerin hat sich mit einem entsprechenden Bericht bereits an die Presse gewandt (1). Auch die Zahlen für Rostock zeigen die Tendenz, dass das Wohnen durch die Grundsteuerreform teurer wird. Aus anderen Kommunen sind ähnliche Zahlen zu erwarten.
Damit ergibt sich eine Verschiebung des Grundsteueraufkommens von Nichtwohngrundstücken zu Wohngrundstücken. Die Bundesländer Sachsen und das Saarland haben bereits im Jahr 2021 entschieden bei der Bewertung der Grundstücke zwar auf das Bundesmodell zu setzen, die Steuermesszahlen jedoch in einer Landesregelung anzupassen. So gelten im Saarland für nicht überwiegend Wohnzwecken dienende Grundstücke Steuermesszahlen von 0,064 % (Sachsen: 0,072%) , während beim Bundesmodell dort Steuermesszahlen von 0,034 % gelten. Die Steuermesszahlen für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstück sind im Saarland 0,034 %, in Sachsen 0,036 % und im Bundesmodell 0,031%. Entsprechend der Formel Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer ergeben sich so höhere Grundsteuerwerte für Nichtwohngrundstücke, wodurch bei Umsetzung der angekündigten Aufkommensneutralität die Verschiebung des Steueraufkommens von Wohn- zu Nichtwohngrundstücken stark reduziert ist.
Für eine Anpassung der Steuermesszahlen in Mecklenburg-Vorpommern ist die Zeit jedoch abgelaufen, da die sich der von den Finanzämtern berechnete Steuermesswert als Grundsteuerwert x Steuermesszahl berechnet. Eine Änderung der Steuermesszahl würde also alle bisher verschickten Messwertbescheide hinfällig machen. Damit ist eine Umsetzung der Grundsteuerreform zum 01.01.2025 nicht mehr realisierbar. Um die Verteuerung von Wohnen zu verhindern ohne die Aufkommensneutralität zu gefährden bleibt damit allein die inzwischen auch von NRW geforderte Ermöglichung getrennter Hebesätze (2).